Die „ökonomische“ Seinsebene – Einführung in die ExistenzEbenenAnalyse (Folge 10)
6/4/16 +++ Nachdem in der letzten Folge unserer losen philosophischen Reihe von der modernen (Medien-) Gesellschaft in ihrer seinsbezogenen Bedeutung die Rede war, betreten wir heute die nächste, die fünfte Stufe unseres TEEA-Modell-Trichters des eigenen Lebens: die Ökonomie. Dieses basale, „harte“ Thema ist von gewissermaßen weltumspannender Relevanz, die jeden Einzelnen in seinem individuellen „Haus des Seins“ betrifft.
Interessant sind hier zunächst größere Zusammenhänge wie die in den letzten Jahrzehnten vorrangig diskutierte „Globalisierung“, die unter anderem auch mit der medialen Vernetzung verbunden ist, deren zumindest in Teilen hoch problematische gesamtgesellschaftliche Auswirkungen inzwischen unübersehbar geworden sind. Grundsätzlich und im Allgemeinen gilt: Der an sein phänomenal erlebtes Eigenes gebundene Einzelne erhält aus ökonomischen Strukturen und Diskursen relativ strenge Denk- und Handlungsvorgaben. Die systemische (oft nur scheinhafte) Zweckrationalität des wirtschaftlichen Wollens und Tuns überwölbt und bestimmt heute auch als privat verstandene oder gewünschte Impulswelten wie zwischenmenschliche Beziehungen. Man mag (system-) kritisch sagen: Die von Jürgen Habermas in den achtziger Jahren sogenannte „Kolonialisierung der Lebenswelt“ ist heute zumindest in den westlichen Ländern vollständig durchgesetzt.
Diese etwas groben Andeutungen verweisen hier auf die wesenhafte Bedeutung dieser Sprech- und Lebensebene: Das Wort „Öko-nomie“ verbindet die altgriechischen Wörter für Haus (Oikos) und Gesetz (Nomos). Das „Hausgesetz“ hatte bei den Griechen mit dem richtigen Maß und der Besonnenheit von schaffenden („poietischen“) Menschen und mit dem alten philosophischen Ziel des guten Zusammenlebens (auch in verschiedenen Staatskonstruktionen) zu tun. In der komplexen Welt von heute sind es systemische Regeln, insbesondere solche des wirtschaftlichen Nutzens, die für den Zusammenhalt und das Zusammenspiel von Menschen, Gruppen, Gemeinschaften, Völkern, Gesellschaften, Nationen usw. entscheidend sind. Das „Schaffen“ ist sozusagen dem Handlungsträger „Mensch“ im historischen Prozess aus der Hand genommen und in das System oder die Teilsysteme (Politik, Recht, Bürokratien etc.) verlagert worden. Letztere werden deshalb auch vornehm als „autopoietisch“, d.h.: sich selbst schaffend, organisierend und regelnd, bezeichnet und verstanden. Diese sozialtheoretisch zutreffende Begrifflichkeit der modernen Systemtheorie leistet zwar wertvolle Beiträge auch zum philosophischen Bild von Leben, Welt, Mensch etc. Unter phänomenologischen und existenzanalytischen Blickwinkeln reichen solche funktionalistischen Begriffe allerdings nicht aus, um die reale Erfahrungswelt moderner Einzelner zu erfassen und möglicherweise konstruktiv (was nicht notwendigerweise heißt: konstruktivistisch) zu gestalten.
Genau darum aber geht es normalerweise in der philosophischen Beratung. Im Rahmen der transzendental-phänomenologischen ExistenzEbenenAnalyse werden auf dieser ökonomischen Ebene vor allem Themen diskutiert, die aus den konkreten Erfahrungswelten von Arbeit und Technik stammen, gelegentlich auch aus aktuellen (wirtschafts-) politischen Diskursen. Der Einzelne setzt sich hier zum Beispiel mit der eigenen Arbeit und dem eigenen Technik- und/oder Mediengebrauch in einer Weise auseinander, die etwa die (sinn-vollen) Rhythmen eigener Leiblichkeit ebenso berücksichtigt wie das sich wandelnde Verhältnis von Arbeit und Muße. Auf dieser Ebene ist aber auch Raum für das (selbst-) kritische Nachdenken über das mehr oder weniger enge und (un-) sichere „Oikos“ (Haus), das ein Unternehmen bzw. eine Institution für den einzelnen Mit-Schaffenden (als "poietische" Mit-Arbeiter auf allen Ebenen, in allen Rollen) baut, was insbesondere mittels expliziter und impliziter systemisch-zweckrationaler Regeln der Unternehmenskultur („Visionen“, Strategien, Leitbilder, „Werte“ usw.) geschieht. Zu deren Reflexion und bei Bedarf auch Veränderung können die entsprechenden philosophischen Begriffe (Arbeit, Wert, Kultur, Politik, Leib, Muße usf.) und einschlägigen Texte vielfältige produktive Hilfen bieten.